Was bringen eigentlich Smart Meter?
 
20.4.2016, 
        E. Waffenschmidt
        Stromkunden müssen jetzt einen neuen Begriff kennenlernen: "Smart 
        Meter" oder auch "intelligente Zähler". Die EU hat 
        beschlossen, Smart Meter flächendeckend einzuführen mit der 
        Begründung, dass Smart Meter Energie einsparen. Das können aber 
        Smart Meter nicht von sich aus, sondern das können nur Benutzer, 
        welche die Information der Smart Meter nutzen, um energiesparender zu 
        leben. 
Stromkunden müssen jetzt einen neuen Begriff kennenlernen: "Smart Meter" oder auch "intelligente Zähler". Was hat es damit auf sich? Smart Meter können den Stromverbrauch in einem Haushalt vollelektronisch messen. Sie sind üblicherweise an ein sogenanntes "Smart Meter Gateway" im Haushalt angeschlossen. Das ist die Steuerzentrale für den intelligenten Zähler, aber auch für möglicherweise fernsteuerbare Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine oder Spülmaschine. Das Smart Meter Gateway kann die Daten digital speichern und an den Energieversorger übertragen. Es kann das insbesondere in kurzen Zeitabständen von wenigen Minuten bis sogar Sekunden.
Die EU hat beschlossen, Smart Meter flächendeckend einzuführen mit der Begründung, dass Smart Meter Energie einsparen. Sie seien "unabdingbar" für die Energiewende, hört man von Politikern. Mal abgesehen von Fragen der Datensicherheit und Datenschutz frage ich mich allerdings, wozu Smart Meter wirklich nützlich sind.
Die Fernabfrage des Verbrauchs interessiert natürlich den Energieversorger. Er braucht damit nicht mehr einen Ableser in die Haushalte schicken. Die Abrechnung wird einfacher und preiswerter, und kann ohne Aufwand monatlich erfolgen. Dazu reicht allerdings eine monatliche Abfrage des aufsummierten Verbrauchs.
Energieversorger und Netzbetreiber rechnen Netzdurchleitungsgebühren auf Viertelstundenbasis ab. Dazu wäre eine verbrauchergenaue Erfassung mit Smart Metern vielleicht hilfreich. Die Abrechnung mit allgemein festgelegten Standardlastprofilen funktioniert allerdings heute schon ohne größere Probleme.
Der Netzbetreiber wäre durchaus an den aktuellen Verbrauchsdaten interessiert, um Überlastungen im Netz zu erkennen und falls nötig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Um rechtzeitig reagieren zu können, braucht er aber die Daten in Sekundenabständen von allen Zählern. Das ergibt riesige Datenmengen, zu deren Übertragung keine Infrastruktur existiert, zu welcher der Netzbetreiber Zugang hat. Für eine Verwendung im Netzbetrieb muss die Datenübertragung außerdem echtzeitfähig und eine hohe Zuverlässigkeit haben. Der Internetanschluss des Benutzers ist dafür bei weitem nicht ausreichend. Für eine Netzführung viel hilfreicher wäre es, in den Trafostationen entsprechende Messgeräte zu installieren und jeweils Datenanbindungen zu den Schaltzentralen zu legen.
Dem Stromkunden wird versprochen, er könne damit sparen. Was bedeutet das im Detail? Smart Meter können Strom sparen, heißt es. Das können aber Smart Meter nicht von sich aus, sondern das können nur Benutzer, welche die Information der Smart Meter nutzen, um energiesparender zu leben. Entsprechende Studien der EU zeigen, dass Stromkunden mit Smart Metern bis zu 3% Energie einsparen.
Das mag möglich sein. Ich selber habe in diesem Zusammenhang mit Stadtwerken gesprochen, die Pilotversuche mit Smart Metern gemacht haben. Insbesondere die Stadtwerke Bonn haben schon mehrere Pilotversuche hinter sich. Eine Studentin von mir hat in ihrer Bachelorarbeit die Pilotversuche beschrieben [1]. Ihr Betreuer berichtete mir, dass solche Einsparungen von verschiedenen Faktoren abhängen. Zum einen müssen die Benutzer eine unmittelbare Rückmeldung des Verbrauchs mit einem immer verfügbaren Display bekommen. Wenn die Information erst nach mehreren Minuten (z.B. 15min) übers Internet verfügbar wird, ist das nahezu nutzlos. Die Benutzer müssen natürlich auch interessiert sein. Bei Pilotversuchen können sich aber üblicherweise die Teilnehmer freiwillig melden, und sind dann entsprechend motiviert. Trotzdem wurden auch bei motivierten Benutzern Ermüdungserscheinungen festgestellt. Während die Verbraucher am Anfang noch deutlich auf den Energieverbrauch achteten, gingen die Anstrengungen nach einigen Wochen und Monaten deutlich zurück.
Weitere 
        mögliche Einsparungen wären finanzieller Art. Mit Smart Metern 
        ist die Abrechnung von zeitabhängigen Stromtarifen einfach möglich. 
        Das gibt es zwar bisher auch schon, z.B. für Nachtspeicherheizungen, 
        aber nur mit sehr starren Rahmenbedingungen. Smart Meter ermöglichen 
        da viel mehr Flexibilität, weil sie jederzeit einen anderen Stromtarif 
        abrechnen können. Mit solchen zeitabhängigen Tarifen sollen 
        Verbraucher dazu gebracht werden, Geräte dann zu nutzen, wenn der 
        Strom preiswert ist. Das Smart-Meter-Gateway kann dazu auch Verbraucher 
        automatisch an- oder abschalten. Für Geräte wie Kühlschränke, 
        elektrische Heizungen oder Warmwasserbereiter ist das durchaus sinnvoll, 
        denn der Kunde merkt das im Zweifelsfall nicht. Feldtests mit Geräten, 
        die der Benutzer steuert, fallen aber eher ernüchternd aus. Wer heutzutage 
        noch meint, eine verzögerte Benutzung der Waschmaschine rettet die 
        Energiewende, hat den Knall noch nicht gehört. Bei einem Preisunterschied 
        der unterschiedlichen Tarife von wenigen Cent macht das Lastverschieben 
        meistens keine 10 Cent aus. Und dafür den Arbeitsablauf durcheinanderbringen? 
        Insgesamt bringen Smart Meter für normale Haushalte auf diese Weise 
        nicht einmal die Mehrkosten für den Stromzähler ein. Dies ist 
        zumindest von der Bundesregierung erkannt worden, und daher werden Smart 
        Meter zunächst einmal nur für größere Verbraucher 
        eingeführt. 
Klar, Lastverschiebung hilft, das Angebot von schwankender erneuerbarer Leistung mit dem Verbrauch ins Gleichgewicht zu bringen. Aber im Gegenteil zu Haushalten ist in Industrie- und Gewerbebetrieb ein deutlich größeres Potential zur Lastverschiebung vorhanden. Hier aber sind Geräte ähnlich wie Smart Meter schon längst Standard, und Leistungstarife sorgen dafür, dass dieses Potential immer häufiger auch genutzt wird.
Lastverschiebung ist letztendlich nichts anderes als eine bestimmte Art von Speicherung mit einem limitierten Potential. Viel dringender jedoch benötigen wir "echte" Speicher wie Batterien, um die Energiewende voran zu bringen. Ich wünschte mir, die Einführung von Speichern würde mit demselben Elan betrieben, wie die der Smart Meter. Dies ist wirklich "unabdingbar für die Energiewende."
Zusammenfassend finde ich: Zum Gelingen der Energiewende brauchen wir dringend Speicher. Smart Meter hingegen sind höchstens ein kleiner Baustein, aber "unabdingbar" für die Energiewende sind sie keinesfalls.
Referenzen
 [1] Sonja Wallraff, "Verfahren der Datenkommunikation für 
        Smart Meter", Bachelorarbeit für die Prüfung zum Bachelor 
        of Science an der Fachhochschule Köln, extern durchgeführt, 
        März 2012. 
        Im Internet (20.4.2016): http://www.100pro-erneuerbare.com/netze/publikationen/2012-03-Wallraff/Wallraff-Smart_Meter.htm 
      
E.Waffenschmidt, 22.Apr.2016